54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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Ausgabe Nr. 4 Monat April 2004
Die Passion Christi von Mel Gibson (Filmbesprechung)


Ausgabe Nr. 4 Monat April 2004
Buchhinweise- Der römische Katechismus (Catechismus romanus)


Ausgabe Nr. 5 Monat Juni 2004
Werner Olles: Leben und Werk des heiligen Don Bosco


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2004
Werner Olles: Islam heißt Gottvertrauen


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2004
Werner Olles: Warum ich römisch-katholisch bin - Brief an einen muslimischen Freund


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2005
Die Krise der Kirche ist hausgemacht


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2005
Neues aus der Konzilskirche


Ausgabe Nr. 4 Monat Juni 2005
Neues aus der Konzilskirche


Ausgabe Nr. 9 Monat November 2004
Wider den Relativismus


Ausgabe Nr. 6 Monat Oktober 2005
Vom Elend der Postmoderne


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2005
Zur Theologie und Philosophie Joseph Ratzingers


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2005
Der Rosenkranz ist unser Maschinengewehr!


Ausgabe Nr. 11 Monat december 2005
A commentary on the present situation of the Church


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2006
Pro Familia agiert an hessischen Schulen


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2003
Häresie der Formlosigkeit. Die römische Liturgie und ihr Feind


Ausgabe Nr. 2 Monat März 2003
Wer in der modernen Welt


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2003
Vom Kampf der Kulturen zum Krieg der Ideen


Ausgabe Nr. 5 Monat Juni 2003
Von der Weigerung, erwachsen zu werden


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2003
Zur derzeitigen Situation der Kirche


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2003
Zum 50. Todestag von Hilaire Belloc


Ausgabe Nr. 7 Monat September 2003
Die Junge Freiheit, Besprechung


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
Sobre la situación actual de la Iglesia (esp.)


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
A propos de la situation actuelle de l’Eglise (fr.)


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
A commentary on the present situation of the Church (engl.)


Ausgabe Nr. 9 Monat November 2003
Kino - Filmbesprechungen: a) Passion und b) Luther


Ausgabe Nr. 10 Monat Dezember 2003
Bücherbesprechung: Udo Ulfkotte/Hans-Peter Raddatz


Ausgabe Nr. 11 Monat December 2003
Dalla „Lotta delle civiltà“ alla „Lotta delle idee“


Ausgabe Nr. 3 Monat Mai 2002
Eine gesellschaftliche Katastrophe


Ausgabe Nr. 5 Monat September 2002
Die göttliche Wahrheit erkennen


Ausgabe Nr. 6 Monat November 2002
Satanistische Tendenzen in der Rock-Musik


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Das Wesen aller Kultur ist Religion


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Satanische Tendenzen in der Rock Musik


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Leserbriefe zu dem Artikel


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À la recherche de ´unité perdue


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Auf der Suche nach der verlorenen Einheit


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Ausgabe Nr. 2 Monat März 2024
Buchbesprechung


Werner Olles: Leben und Werk des heiligen Don Bosco
 
Leben und Werk des heiligen Don Bosco

von
Werner Olles

Es gibt zwei italienische Priester, die in der ganzen Welt bekannt und berühmt sind. Der eine ist Don Camillo, jener fromme, gleichwohl listige Dorfgeistliche, dem Giovanni Guareschi mit seinen zeitgenössischen Schelmenromanen und der französische Regisseur Julien Duvivier in seinen gelungenen Filmen mit den Erzkomödianten Fernandel in der Titelrolle ein unsterbliches Denkmal gesetzt haben. Während jedoch Don Camillo leider nur eine fiktive Roman- und Filmfigur war, hat Don Bosco wirklich gelebt und als Priester und Sozialpädagoge - im besten Sinne des Wortes - fortschrittliche Formen der Jugenderziehung durchgesetzt. Er war eine „begnadete Erziehergestalt von säkularem Ausmaß" (Franz Dilger), dessen neue und doch urchristliche Erziehergedanken bis zum heutigen Tag nichts von ihrer Bedeutung verloren haben. Wie kaum einem anderen vor ihm ist es ihm gelungen, katholische Tradition und moderne Pädagogik zum Wohle der Jugend miteinander zu vereinen.

Giovanni Bosco war von einfacher Herkunft. Am 16. August 1815 als jüngster Sohn einer einfachen, gläubigen Bauernfamilie in dem kleinen Weiler Becchi bei Castelnuovo d'Asti geboren, verlor er bereits im Alter von zwei Jahren seinen Vater. Seine Mutter Margarita, zwar Analphabetin, aber von großer Herzenbildung und Frömmigkeit erzieht den Knaben streng und doch voller Liebe und mit mütterlicher Nachsicht. Bei einem alten Bauern im Dorf lernt der Neunjährige Lesen und Schreiben, und schon bald ist klar, daß er nicht sein Lebtag das Vieh hüten oder Maiskolben zusammenbinden wird. Antonio, der ältere Stiefbruder aus der ersten Ehe des Vaters sieht diese Entwicklung nur sehr ungern und drängt die Mutter, den Jüngeren nicht zur Schule gehen zu lassen, wobei wohl auch der Neid auf den lernbegeisterten und allseits beliebten Jüngeren eine große Rolle spielt. Und so resigniert die Mutter zunächst und gibt dem Ältesten nach, da ohnehin nicht genug Geld für die Schule vorhanden ist.

Aber Giovanni weiß sich schnell zu helfen und läßt sich nicht unterkriegen. Bei Don Calosso, dem alten Pfarrer vom Nachbardorf nimmt er Lateinstunden und lernt Grammatik. Doch erneut durchkreuzt Antonio die Pläne des jüngeren Bruders. Nun weiß sich die Mutter keinen anderen Rat mehr um dem brüderlichen Zwist ein Ende zu bereiten, als Giovanni auf Wanderschaft zu schicken. Als Verdingbub wandert er nun von Hof zu Hof und landet schließlich in der Molkerei Moglia in Monucco. Giovanni paßt auf die kleinen Kinder auf, hütet die Ziegen, packt überall an, wo ein paar fleißige Hände gebraucht werden, bis ihn eines Tages sein Onkel Occhiena endlich erlöst. Mit ein paar Lire in der Tasche bringt er den völlig überraschten zurück zu Don Calosso, der längst bemerkt hat, welch außerordentliche Fähigkeiten in dem Jungen stecken, und daß es sich lohnt all seine ihm noch verbliebene Kraft und Mühe in den Buben zu investieren.

Als der hellsichtige Greis einen Schlaganfall erleidet, soll Giovanni sein kleines Vermögen von 6000 Lire bekommen, doch der schlägt die Erbschaft aus. So bringt ihn die Mutter völlig mittellos in die Lateinschule nach Castelnuovo. Nach Schulschluß verdient sich der Sechzehnjährige ein Zubrot beim Schneidermeister Roberto, um so selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen zu können. Zudem erlernt er dadurch ein solides Handwerk, und obendrein erteilt ihm der musikalische Schneider noch Violin- und Klavierstunden.

In Chiari, der nächstgrößeren Stadt, setzt Giovanni seine Studien fort, nicht ohne zuvor bei ihm bekannten Bauern um Naturalgaben zu bitten. In einem Jahr überspringt der fleißige und talentierte Bub zwei Klassen und organisiert nebenbei seine Schulkameraden in einer Art Pfadfindergruppe. Diese Tätigkeit fasziniert ihn sehr. Dennoch findet er die Zeit in einem Gasthof als Kellner zu arbeiten, wechselt aber bald in eine angeschlossene Konditorei, wo er die feinsten Pralinen und exotischsten Liköre fertigt. Wenn er in einer freien Stunde auch noch dem benachbarten Hufschmied zur Hand geht, beschwört ihn der Konditormeister sein Studium und alles andere an den Nagel zu hängen, weil er als Confiseur reich und berühmt werden könne.

Doch Giovanni hat sich längst entschieden. Die antiken und modernen Klassiker, Herodot, Seneca, Dante, Tasso, Augustin, Cicero, Sophokles bis zu Leopardi, das ist die Nahrung für sein zukünftiges Leben. 1834 vollendet er schließlich seine humanistischen Studien und im folgenden Jahr erfüllt sich sein sehnlichster Wunsch, er tritt ins Priesterseminar ein. Sechs lange Jahre wird er hier bleiben, um Philosophie und Theologie zu studieren. Im September 1840 wird er zum Subdiakon, im März 1841 zum Diakon geweiht. Einen Tag nach seiner Priesterweihe am 6. Juni 1841 feiert er bereits in Turin seine erste heilige Messe. Ein paar Tage später, am Fronleichnamsfest, feiert er in Castelnuovo mit vielen Gläubigen und Priestern seine Heimatprimiz. Don Bosco ist nun 26 Jahre alt, doch fünfzehn Jahre schwerste Mühen und Arbeit haben letztlich ihre Krönung gefunden.

Die nächsten drei Jahre verbringt der eben erst dem Seminar entwachsene junge Neupriester zur Er-gänzung und Vertiefung seiner theologischen Studien im Turiner Collegio Ecclesiastico. In der Kirche des Heiligen Franz von Assisi hat er eines Tages ein Erlebnis, das ihn entscheidend prägen soll. Er bemerkt, wie der Sakristan einen großen Burschen davonjagen will und tritt sofort dazwischen. Gerade sechzehn Jahre ist Bartolomeo Garelli alt, Waise, kann nicht schreiben und lesen und hat natürlich auch keine Ahnung von der Religion. Nach der Messe erteilt Don Bosco dem unglücklichen Jungen, der auf der Straße zu leben gezwungen ist, seinen ersten Katechismusunterricht. Und am nächsten Sonntag soll er seine Freunde mitbringen.

Ein paar Monate später sind es bereits achtzig, die er in den Vorhöfen und Hallen des Collegio Ecclesiastico unterbringt, um sie nicht länger den Gefahren der Straße auszusetzen. Doch nach drei Jahren sind Don Boscos Studien beendet, und er muß das Collegio verlassen. Die Gräfin Barolo gewährt ihnen zunächst Obdach in einem von ihr gegründeten Kinderhospital, aber nach acht Monaten ist ihre Geduld erschöpft, zuviel Unruhe bringt die lärmende Schar in das Haus. Don Bosco zieht weiter mit seinen Jungen, es sind jetzt schon ein paar hundert, doch überall, wo er anklopft, findet er verschlossene Türen. Als eine „Obhut ohne Obdach“ bezeichnet er selbst seine apostolische Arbeit. Eucharistie, Religionsunterricht, Sakramentsandacht und Muttergotteslitaneien finden, wann immer es das Wetter zuläßt, unter freiem Himmel statt. Währenddessen beklagen sich die Turiner Pfarrer, daß er ihnen ihre Schäfchen wegnimmt, und daß seine Truppe aus lauter Taugenichtsen besteht, die er doch lieber bis auf ein paar wenige wegschicken soll.

Aber Don Bosco hat einen Traum. Eines Tages wird es Häuser, Schulen, Kirchen und Priester für seine Jungen geben. Bis dahin beobachten ihn die erschreckten Turiner Bürger jedoch mit großem Mißtrauen: Ein armer Priester in geflickter Soutane und eine Bande zerlumpter Burschen, die ihm durch die ganze Stadt und übers Land folgen. Dreizehn-, vierzehnjährige Handlanger, Karrenschieber, Ausläufer, Zeitungsverkäufer, Eckensteher, Tagediebe und Tunichtgute, um die sich niemand kümmert, die keine Familie haben, keine Zukunft. So wirft man ihm vor die Revolution vorzubereiten, die Buben den Pfarrgemeinden zu entfremden, wo er doch sowieso nicht für sie aufkommen könne. Und es werden tatsächlich immer mehr, an die siebenhundert sind es jetzt schon, die ihm auf Schritt und Tritt folgen. Das bischöfliche Ordinariat leitet schließlich eine Untersuchung ein wegen der angeblichen Geistesgestörtheit des Priesters, der jetzt sogar von einem Orden, den er gründen will, phantasiert. Dann bedroht den Nimmermüden auch noch eine schwere Lungenentzündung mit 42 Grad Fieber. Zu sehr hat er sich aufgerieben, nicht geruht und gerastet, um für seine Jungen, die sich nun, da der Arzt ihn bereits aufgegeben hat, um ihn scharen, zu sorgen. Sie alle beten für ihn, liegen Nächte auf den Knien, und ihre Gebete werden erhört.

Die Jungen jubeln, tragen ihn auf ihren Schultern durch die Gassen der Stadt, an den entgeistert blickenden guten Bürgern vorbei. Jetzt ist er wirklich einer der ihren, doch Bosco versteht, daß ihre betörende Huldigung eigentlich einem Höheren gilt, und auch das ist eine Verpflichtung. Für 30.000 Lire, Leihgaben und Geschenke, kauft er einen Schuppen, aus dem ein Hospiz für junge Arbeiter wird, die hier ein Dach über dem Kopf, eine warme Mahlzeit und, was das Wichtigste ist, ein Refugium für ihr Seelenheil finden. Und Don Bosco baut weiter. Sechs Jahre später ist bereits ein beachtlicher Komplex daraus geworden, mit Schulen für die wichtigsten Handwerke, damit die Jungen später nicht brotlos sind, einer Kirche, einem Gymnasium für Knaben, die das teure Schulgeld nicht aufbringen können, und einem Lehrerseminar.

Doch Italien steht im Revolutionsjahr 1848. Von staatlicher Seite versucht man ihn zu erpressen, seine Jungen zu politischen Kundgebungen zu schicken. Andere Priester schließen sich willfährig der revolutionären Bewegung an, nicht so Don Bosco. Gewiß, der Staat ist nötig, aber eine konstitutionelle Verfassung und sogenannte Volksrechte allein gewährleisten noch keine liebevolle und vernünftige Erziehung der Jugend. Eine Million Lire bietet ihm die piemontesische Regierung an, Bosco wäre auf eine Schlag alle seine Sorgen los, aber er bewahrt sich seine Unabhängigkeit und lehnt ab. Beleidigt zieht der Staat seine schützende Hand zurück, mehrere Mordanschläge werden in den nächsten Jahren auf ihn verübt, aber die alten Instinkte, die Jagd- und Rauflust seiner bäuerlichen Jugend lassen ihn jedesmal seinen Kopf aus der Schlinge ziehen. Von Schikanen, Spitzeleien, Hausdurchsuchungen, Verhören und dergleichen bleibt er freilich nicht verschont, gehört die Jugend doch angeblich dem antiklerikalen Staat und muß der Kirche mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln entrissen werden.

Auf dem Höhepunkt des Kulturkampfes werden Don Boscos Schulen geschlossen, bis das persön-liche Eingreifen Viktor Emanuels den üblen Intrigen gegen sein Werk schließlich ein Ende macht. Doch an eine Ordensgründung ist dank der piemontesischen Gesetze immer noch nicht zu denken. So legt die Gruppe der „Salesianer", wie sie sich nach dem heiligen Franz von Sales, dem früheren Bischof von Genf, nennt, vorerst nur ein privates Gelübde ab. Vier Jahre später, am 18.Dezember 1859 konstituieren sich dann im Turiner Oratorium achtzehn Männer als salesianische Gemeinschaft. Don Bosco wird zum Generaloberen gewählt. Endlich besteht nun die Möglichkeit sich auch außerhalb Turins niederzulassen. 1875 kommt es zu ersten Gründungen im Ausland, nach Österreich, Frankreich und Spanien folgen Argentinien, Uruguay, Brasilien, Chile und England. Im vereinigten Königreich Italien ist man inzwischen in nahezu allen Regionen einschließlich der Hauptstadt Rom mit Oratorien, Schulen, Pfarreien, Internaten, Waisenhäusern, Lehrwerkstätten, Missionen und Ausbildungshäusern für den Ordensnachwuchs präsent.

Wie der gute Papst Pius IX. unterstützt auch dessen Nachfolger Leo VIII. nach anfänglichem Zögern die Kongregation der Salesianer aus ganzem Herzen. 1884 schreibt Don Bosco seinen berühmten "Rombrief" an die Mitbrüder und Jugendlichen aus Turin. Es ist dies ein pädagogisch-pastorales Testament, in dem er die Notwendigkeit der von ihm als "Assistenz" bezeichneten Atmosphäre des Vertrauens und der aktiven und interessierten Präsenz des Erziehers unter den Jugendlichen betont. Als genauso wichtig nennt er jedoch den familiären Umgang und als Grundpfeiler seines gesamten Tuns die Vernunft, die Religion und nicht zuletzt die Gottes- und Nächstenliebe. Drei Jahre später begegnet Don Bosco bei der Weihe der Herz-Jesu-Basilika in Rom am 16. Mai 1887, in der er seine letzte Messe auf römischen Boden liest, Papst Leo VIII. ein letztes Mal.

Im Dezember des gleichen Jahres verschlimmerte sich sein Schwächezustand zusehends. Beide Eltern waren an der Lungenentzündung gestorben, und auch ihn streckt die Krankheit nun zum wiederholten Mal nieder. An die von den Ärzten verordnete absolute Ruhe und Schonung hatte er sich nicht gehalten, sondern sich auf zwei anstrengende und ihn erschöpfende Reisen nach Frankreich und Spanien begeben, wo ihm die Menschen überall einen jubelnden Empfang bereiteten. Doch noch bis zum 17. Dezember nimmt der todkranke Priester seinen Jungen die Beichte ab, so wie er und auch sie es nun seit vielen Jahren gewohnt sind. Überall, auf der ganzen Welt beteten die Gläubigen für ihn, die Salesianerhäuser werden Tag und Nacht von der Bevölkerung umlagert. Am 24. Dezember, dem Geburtstag unseres Herrn, spendet ihm Monsignore Cagliero das Sakrament der Letzten Ölung, und der Segen des Heiligen Vaters wird ihm übermittelt. Am 29. Januar, dem Fest des heiligen Franz von Sales, empfängt er zum letzten Mal die heilige Kommunion. In den frühen Morgenstunden des 31. Januar 1888 beginnt schließlich die Agonie. Man läutet zum Angelus. Um 4.45 morgens stirbt Don Bosco.

Eine unübersehbare Menschenmenge aus allen Ständen des Volkes entbietet dem Entschlafenen vor dem Oratorium in stiller Ehrfurcht und Dankbarkeit den letzten Gruß. Den Betenden überbringt Pater Francesia die letzten Worte des Heiligen: " Sagt meinen Kindern, daß ich im Himmel auf sie warte...!" über 100.000 Menschen nehmen am 6. Februar an der Beerdigung Don Boscos in Valsalice, wo sein Leichnam im Salesianer-Kollegium aufgebahrt war, teil. Am 2. Juni 1929 wird er selig gesprochen, seine leiblichen Überreste ein paar Tage später im Triumphzug in den Kreis der Seinen, in die Maria-Hilf-Basilika überführt, wo sie heute noch ruhen. Am 1. April 1934 wird Don Bosco von Papst Pius XI. heilig gesprochen.

Giovanni Boscos Pädagogik der Vorsorge

Don Bosco wird völlig zu Recht als einer der ganz großen Erzieher der Jugend betrachtet. Mit seiner Methode, dem sogenannten „Präventivsystem", das auf menschlichem Verständnis, Vernunft, Religion, Liebe, Vertrauen, Anerkennung und gesunder Frömmigkeit beruht, schuf er ein äußerst wirkungsmächtiges Ideal urchristlicher Pädagogik. Man spricht daher auch vom "typisch salesianischen Geist", der die von ihm gegründeten Heime erfüllte: ein freudiger Sinn des Lebens, die Verpflichtung innerhalb der Gesellschaft zum gemeinschaftlichen Wohlergehen, die Liebe zur Kirche, die Verehrung der Gottesmutter Maria als "Helferin der Christen" - die von Don Bosco und Maria Mazzarello 1872 gegründete Ordensgemeinschaft zur religiösen und sozialen Betreung der weiblichen Jugend nannte sich dementsprechend "Töchter Mariae, der Hilfe der Christen, im deutschen Sprachraum heute als "Don Bosco-Schwestern" bekannt -, und nicht zuletzt die Hoffnung auf den Himmel.

Für Don Bosco war es von großer Bedeutung, daß die Jugendlichen nicht nur geliebt wurden, son-dern daß sie dies auch spürten. Ein pädagogisches Stichwort lautet daher "Assistenz". Damit bezeichnete er eine Form von aktiver und interessierter persönlicher Anwesenheit des Erziehers unter den Jungen, die nicht einfach nur beaufsichtigt werden sollten. Genau wie seine Mitbrüder und Mitarbeiter teilte Don Bosco das Leben mit den Jugendlichen, nahm diese ernst und beteiligte sich selbstverständlich auch an ihren Spielen und Festen. Verhaltensänderungen, Lernerfolge, die Formung von Geist und Seele und ein Beharren im Guten ließen sich dadurch viel leichter und nachdrücklicher erreichen als durch drakonische Strafen wie körperliche Züchtigung, die er Zeit seines Lebens immer scharf ablehnte.

"So wenig braucht es, und schon schmilzt das Eis" pflegte Don Bosco zu sagen, wenn wieder einmal einer seiner zahlreichen Gönner oder der noch viel zahlreicheren Kritiker von seinen Erziehungsmethoden ganz und gar nicht überzeugt schien. Der Keim der Sünde, dies hatte er klar erkannt, lag nicht in der Flegelhaftigkeit, nicht im Trotz und in der Auflehnung, "sondern in der Langeweile, in der Verdrängung und Verkümmerung der jugendlichen Kraft, die sich nicht ursprünglich und geradlinig entladen kann" schreibt Franz Dilger in seinem Buch "Giovanni Bosco. Motiv einer neuen Erziehung" (Olten, 1946): "Daß Gott, der Herr, nicht beleidigt wird und meine Kinder nicht zeitlich und ewig unglücklich werden, das ist mein einziger heißer Begehr. Diesem Ziel opfere ich alle pädagogischen Traditionen, alle Maximen, aber auch alle Bequemlichkeiten und persönlichen Ansprüche. So wünsche ich, daß meine Buben ungehemmt sich entspannen, und sollten auch meine Nerven in Stücke gehen. Wenn sie vergnügt sind, so sündigen sie nicht, und was will ich mehr? Sie ahnen nicht, wie bald unsere Jugend dabei ist, Respekt zu bezeugen, sofern sie sich in Liebe gesichert weiß. Jede Rebellion hat ihre Wurzel in der Angst, daß die aufgesetzte Autorität ihre Gewalt mißbrauchen könnte. Lieben Sie ihre Jungen mit einer Liebe, die ihnen knabenhaft ins Gefühl geht, und sie leiten ihre Herzen wie Wasserbäche."

Getreu dem Wort Christi "Wer eines dieser Kleinen aufnimmt, der nimmt mich auf" folgend, lebte und arbeitete Don Bosco nach dem Motto "Solange wir nicht im letzten Flegel den Knaben Jesu sehen, der da ist Gott und Mensch zugleich, werden wir ewig den Leibern Schmerz und den Seelen Gewalt antun" (Franz Dilger). Niemals sollte der Erzieher "Zwangsmittel" (mezzi coercitivi) anwenden, betonte er in einem seiner Rundschreiben über die Strafen (castighi), die in den Salesianer-Häusern angewendet werden dürfen. Vielmehr sollten einzig und allein die Methoden der Überzeugung und der Liebe zur Anwendung kommen. Ohne sich jedoch über die dem Bösen stets zugeneigte Natur des Menschen irgendwelche Illusionen zu machen, plädierte er energisch dafür zunächst alle anderen Mittel auszuschöpfen, sich in Geduld zu fassen und mit Standfestigkeit, väterlicher Kritik und Güte gegenüber widerspenstigen und unfolgsamen Kindern zu reagieren, bevor man eine Strafe ausspricht. Aufrichtigkeit, Herzlichkeit, Offenherzigkeit, Lebendigkeit, Fröhlichkeit, Zuneigung und Vertrauen sind nach Don Boscos tiefster Überzeugung die Schlüssel zu den Herzen der Jugend. Lustlosigkeit, Mißtrauen, Mattigkeit, Heimlichtuereien und innere Kälte führen hingegen nur zu Argwohn und Verstocktheit, und verhindern letztlich das große Ziel der Heranbildung froher, selbständiger, junger Menschen, die gelernt haben, ihr Leben auf der Basis christlicher Überzeugung und Selbstbeherrschung zu führen.

Don Bosco sah sein Präventivsystem als Gegenentwurf zum Repressivsystem, das auf der Drohung mit strenger Bestrafung beruht und jeden vertrauten Verkehr mit den dem Vorgesetzten, dem Direktor oder den Assistenten anvertrauten Untergebenen strikt meidet. Das präventive System sollte dagegen die Jugendlichen in die Unmöglichkeit versetzen, Fehltritte zu begehen. Es macht den Jugendlichen zum Freund, und läßt ihn in seinem Erzieher den Wohltäter sehen. Häufige Beichte und Kommunion sowie die tägliche Messe sind die Säulen, die das Gebäude einer Erziehung tragen müssen, von der Drohung und Stock fernzuhalten sind. Ein ernster Blick wirkt auf die meisten nachhaltiger als eine Ohrfeige, und niemals dürfen Zurechtweisungen öffentlich erfolgen, sondern privat und abseits von den Kameraden. Der Aufmunterung, dem Ratschlag, der hilfreichen Belehrung und dem Lob für eine gute Handlung ist jederzeit der Vorzug zu geben vor Strafe und Tadel, die zwar nicht ausgeschlossen sind, aber für den Präventiv-Erzieher weder Selbstzweck noch Vergeltungsmaßnahme sein dürfen.

Literaturempfehlungen:
Giovanni Bosco: Pädagogische Visionen und Reflexionen. Verlag Julius Klinkhardt. Bad Heilbrunn, 1965
Johannes Bosco: Erinnerungen an das Oratorium des hl.Franz von  Sales. München 2OO1
Leonhard von Matt u. Henri Bosco: Don Bosco. Don Bosco Verlag. München 1979
Johannes Lechermann: Wie Maria den seligen Don Bosco unterweist die Jugend zu erziehen. Verlag des Don Bosco-Heimes. Linz, 1931
Franz Dilger: Giovanni Bosco. Motiv einer neuen Erziehung. Verlag Otto Walter, Olten 1946
Kurt Gerhard Fischer: Giovanni Bosco. Pädagogik der Vorsorge. Schöning, Paderborn 1966
Monsignore Carlo Salotti: Der selige Johannes Bosco. Salesianer-Verlag, München 193O
Reinhold Weinschenk: Grundlagen der Pädagogik Don Boscos. München 1987
Herbert Dieckmann: Deutschsprachige Don-Bosco-Literatur. Rom 1997
 
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